Im ersten Teil meines Berichtes habe ich über unsere Reiseziele Glasgow, St Andrews und Dufftown berichtet und die dort aufgesuchten Distillerien genannt. Über die interessantesten Distillerie-Besuche will ich heute berichten
In Glasgow liegt „The Clydeside Distillery“, direkt am River Clyde. Die Clydeside Distillery weist eine sehr attraktive Architektur auf: an einem alten Pumpenhaus wurde ein Neubau mit hoher Glasfront angebaut. Von innen und außen spannend und faszinierend. Das wunderschöne Besucherzentrum mit Café erlaubt einen Blick auf Fluss und Stadt. Ein Besuch und auch eine geführte Tour lohnen sich. Allerdings gibt es noch keinen Clydeside-Whisky zu verkosten oder gar zu kaufen, da diese Distillery erst 2017 ihre Whisky-Produktion aufnahm (Whisky muss ja mindestens 3 Jahre im Fass lagern).
Auchentoshan Distillery: dies ist eine alte Distillery, die bereits 1823 ihre Whisky-Produktion aufgenommen hat. Sie umfasst all die Gebäude einschl. Still House, Warehouse, Besucherzentraum, Pagodendach, die man halt erwartet. Das Besondere: Auchentoshan distilliert alle Whiskies dreifach, üblich ist in Schottland die zweifache Distillation. Nach unserer Tour mit einem weiblichen Tourguide, die ein gut verständliches Schottisch sprach, haben wir an dem „Masterclass Tasting“ teilgenommen. Dabei wurden vier Auchentoshan-Whiskies verkostet. Diese wurden uns ohne weitere Angaben zu einem ‚blind tasting‘ gereicht, und so entspann sich jeweils eine spannende Diskussion mit dem Tasting-Master über Fassart, Aromen, Alkoholstärke etc. Bei den vier drams waren ein 24-jähriger Noble Cask mit 50,3 % und ein Distiller‘s Cask, exclusive Oloroso mit 60,3 % – wow! Welch tolles Tasting – da wären wir gerne noch ein Weilchen geblieben! – Passend für meine Bar habe ich hier „The Bartender’s Malt“ gekauft.
Kingsbarns Distillery ist ebenfalls eine Neugründung, eröffnet in 2014. Eine kleine Distillery, mit handwerklicher Produktion, ohne digitale Steuerungstechnik, kein Torf, Wasser aus örtlichen Brunnen, Gerste von lokalen Farmern, 1 Washstill, 1 Spiritstill, rd. 260.000 l pro Jahr. Kingsbarns Distillery liegt an der Ostküste, nahe St Andrews am Firth of Forth. Die Architektur ist sehr reizvoll, eine gute Mischung aus altem Bestand und modernem Anbau. Auch hier hatten wir eine tolle Führung mit einem älteren, humorvollen und kompetenten Tourguide. Zur Einführung wurde ein gut gemachter (Werbe-)Film vorgeführt. – Für meine Bar habe ich hier eine dieser ersten Abfüllungen gekauft.
The Macallan Distillery in der Speyside beeindruckt ebenfalls durch moderne Architektur: der riesige Neubau unter einem gewellten, grasbewachsenen Dach hat nichts mehr gemein mit den altehrwürdigen Natursteinbauten mit Pagodendach, die wir von anderen Distillerien gewohnt sind. Diese Architektur ist sicherlich nicht unumstritten, fügt sich aber m.E. gut in die Landschaft ein und ist halt eine moderne Umsetzung einer Whisky-Produktionsstätte. Macallan ist eh eine der big player unter Schottlands Distillerien und hat nun seine Produktionskapazität auf rd. 15 Mio. l reinen Alkohols erhöht. Der Whisky wird in insgesamt 36 Brennblasen produziert. Beeindruckend ist das Besucherzentrum mit einem langgezogenen Halbrund. In hohen, doppelreihigen Glasstellagen werden aus nahezu allen Jahrgängen 400 Whiskyflaschen ausgestellt – und bei dem Whisky aus ‚meinem‘ Jahrgang 1951 bekam ich schon feuchte Augen!
Glenfarclas Distillery ist eine der letzten Distillerien, die noch im Besitz einer Familie sind (familiy owned and runned distillery). Auf unserer Tour dort haben wir u.a. gelernt, dass der Klimawandel oder zumindest der heiße Sommer im letzten Jahr nicht ohne Folgen blieb: in 2018 musste Glenfarclas für 14 Wochen die Produktion einstellen – wegen Wassermangel. Klimaschutz wird verdammt immer wichtiger!
Erwähnen möchte ich noch unsere Balvenie-Tour. Balvenie Distillery ist von Dufftown aus, wo wir unser Quartier hatten, zu Fuß erreichbar. So musste keiner fahren, wir konnten die große 3-Stunden-Tour machen und uns zum Abschluss direkt aus einem Fass eine kleine Flasche selbst abfüllen – Whisky-Herz, was willst du mehr!
Diese Führung haben wir zusammen mit 4 netten Schweizern gemacht, und mit denen haben wir noch abends in unserer FeWo zusammengesessen, Whiskies verkostet, gefachsimpelt – wie schön kann das Leben sein!
Übrigens: im Whisky Shop Dufftown habe ich einen Ailsa Bay erworben, auch eine noch recht junge Distillery, 2007 errichtet. Ich bin gespannt auf diesen Sweet Smoke – und werde berichten.
Besucht haben wir auch die Annandale-Distillery, die 2014 gegründet wurde und nahe Gretna Green liegt. Wie die meisten Neugründungen ist Annandale eine eher kleine Distillery. Dort produziert man unpeated („Man O’Words“) und peated Whiskies („Man O’Swords“), sowohl in Bourbon- als auch in Sherry-Fässern gereift. Die nicht ganz preiswerten Abfüllungen erfolgen seit 2018 in Fassstärke (cask strength).
Das war mal wieder eine tolle, erfahrungsreiche Tour. Die geführten Touren waren ihr Geld wert. Und immer mehr Distillerien, erst recht die neu gegründeten, legen viel Wert auf attraktive Besucherzentren. Damit wird der steigenden Zahl von Distillerie-Besuchern und deren Bedeutung für Ansehen und Vermarktung des schottischen Whiskies entsprochen.
Wir haben aber schon gestaunt, in welchem Umfang die Whisky-Produktion in Schottland durch neue Distillerien und durch Kapazitätserweiterungen bei bestehenden Distillerien erhöht wird. Und das sind ja nunmal echte Zukunftsinvestitionen in der Erwartung, dass der heute boomende Markt für Scotch-Whisky auch in 5, 12 oder mehr Jahren noch wächst. Möge diese Erwartung in Erfüllung gehen. Meinen bescheidenen Beitrag dazu will ich gerne leisten – mit Berichten wie diesem und mit Tastings in meiner Bar. Single Malt Scotch Whisky is simply the best!
Slainte Mhath!
Die hier genannten Neuerwerbungen an Single Malt Whiskies werde ich in kürze hier vorstellen, aber erstmal muss ich sie ja verkosten. Slainte!