Viele schottische Distillerien lassen viele ihrer Malt Whiskies einige Jahre im Eichenfass und anschl. noch in einem Sherry- oder Weinfass reifen. Aus dieser Nachreifung, dem „finishing“, entstehen viele tolle Single Malt Scotch Whiskies mit eben diesen Sherry- oder Weinaromen.
Das Experiment „home finishing“
Nun habe ich mich gefragt: warum sollte man nicht einen guten Single Malt – in bescheidenem Umfang – zu Hause selbst nachreifen lassen? Wie gut wäre das Ergebnis? Diese Frage schien mir einen Versuch wert zu sein.
Also habe ich mein Ein-Liter-Eichenfass zunächst mit einem guten, kräftigen Rotwein, in diesem Fall ein Bordeaux, Chateau-Abfüllung, 14%, gefüllt, um das Holzfass vorzubelegen. Nach 3 Wochen habe ich das Fässchen geleert.
Dann folgte die Erstbefüllung dieses „red wine seasoned cask“. Dazu wählte ich einen Eichenfass gereiften Whisky, cask strength, unchill filtered and natural colour, und zwar den Arran Quarter Cask, ‚The Bothy‘, 56,2 %.
Den habe ich in mein Rotwein-Fass gefüllt und 3 Wochen reifen lassen. Für diesen Erstversuch habe ich einen kurzen Zeitraum gewählt, um zeitnah zu ersten Erkenntnissen über die Wirkung eines solchen „Home-Finishing“ zu kommen.
Dann habe ich den nachgereiften Whisky in eine Flasche abgefüllt und gestern mit einem Freund in meiner Bar verkostet.
Das Ergebnis:
- Am Auffälligsten ist die Farbveränderung: der Arran Quarter Cask war strohgelb, nach nur drei Wochen im Bordeaux-Wein geimpften Fass hat er ein intensives Rot angenommen. Das inspirierte mich zur Namensgebung „The Red Sheep“
- Bemerkenswert: mein Alkometer zeigte nur 50% Alkoholgehalt an; berücksichtige ich eine Fehlertoleranz, so hat die Nachreifung zu einem Abbau an Alkohol von ca. 4-5 Prozentpunkten geführt. Vielleicht, weil mein Holzfässchen nur halb gefüllt war
- Wir riechen: Frucht, Birne, Süße
- Wir schmecken: Fruchtaromen, Pflaumen, Aprikosen; Vanille, Karamell.
- Der Abgang ist erstaunlich komplex und intensiv.
Die Nachreifung des fassstarken Arran ist überraschend gut gelungen, das Experiment ist geglückt. Mein „Red Sheep“ ist sehr kräftig, erzeugt eine angenehmes Mundgefühl, die Weinaromen sind deutlich wahrnehmbar. Er wird keine Konkurrenz zu den großen Malt Whiskies, aber es ist ein ausdrucksstarker Whisky mit individueller Note.
Diese positive Erfahrung verlangt geradezu eine Fortsetzung und Ausweitung dieses Versuchs. Daher habe ich das Ein-Liter-Fässchen bereits mit einem anderen Single Malt zweitbefüllt. Und in einem zweiten Ein-Liter-Eichenholzfass liegt bereits ein sehr rauchiger Islay-Whisky mit Fassstärke, damit ich in einer zweiten Versuchsreihe eine rauchige Nachreifung von ‚unpeated whiskies‘ ausloten kann. Über beide Versuche werde ich weiter berichten.
Jedenfalls steht der „Red Sheep“ steht jetzt in meiner Bar, und ich werde ihn bei künftigen Tastings gerne anbieten.
Na denn: Slainte Mhath!