Bei den Tastings an meiner Bar wird auch gerne diskutiert. Beim ersten Tasting nach der Winterpause kam die Frage auf, was „Chill-Filtration“ eigentlich ist und ob diese „Kühlfiltrierung“ den Geschmack beeinträchtigt.
Frank: Guten Abend, Jungs.
Rudolf, Alfred, Willi: Schönen guten Abend zusammen!
Frank: Ah, du hast schon eingeschenkt!
Alfred: Ja klar! Wir wollen ja keine Zeit verlieren. Nach der Winterpause, dachte ich, starten wir mit einem Balblair, 46 %. Ein wunderbarer Whisky, so wie ein Highland Single Malt schmecken soll! Slainte!
Rudolf, Frank, Willi: Slainte!
Rudolf: Ja, großartig. Intensive Nase, würziger Geschmack, Vanillearomen, langes Finish – toll!
Willi: Hat der auch eine Altersangabe?
Alfred: Ja. Dies ist die Vintage 1990-Abfüllung – Vintage 2005 hatten wir ja bei unserem letzten Treffen. Schaut: das Etikett enthält alle wichtigen Infos: distilled 1990 – bottled 2014, also 24 Jahre alt, Alkoholgehalt 46 %, natural colour, non chill-filtered. Also: a Whisky as it should be.
Willi: Ok, aber warum betonen die eigentlich „non chill-filtered“, das heißt ja wohl: „nicht kühlgefiltert“?
Alfred: Genau. Damit unterscheiden sie sich von den vielen Distillerien und Abfüllern, die eben eine Kühlfiltrierung vornehmen.
Frank: Wird denn nicht jeder Whisky gefiltert, bevor er in Flaschen abgefüllt wird?
Alfred: Ja, schon. Jeder Whisky wird gefiltert, um Holzpartikel oder andere Schwebstoffe herauszuholen, die sicher niemand im Whisky sehen möchte. Verbleibende Schwebstoffe sind alkohollöslich und daher nicht sichtbar.
Willi: Warum dann die Kühlfiltrierung?
Alfred: Nun, viele, nicht nur amerikanische Westernhelden, trinken ihren Whisky „on the rocks“. Kalter Whisky besitzt aber nicht mehr diese Löslichkeit, deshalb flocken einige Stoffe aus, der Whisky wird trübe und unansehnlich. Und genau dagegen hilft, den Whisky vorher auf unter 4° C zu kühlen und nochmal zu filtern.
Frank: Werden denn auch Single Malt Whiskies kühlgefiltert?
Alfred: Ja, das machen auch einige Distillen, aber nur bei Whiskies mit 40 % oder 43 %. Bei Whiskies mit 46 % und mehr tritt dieses Problem der Trübung bei Zugabe von Eis nicht auf.
Rudolf: Mensch, die sollen das Eis weglassen. Kälte tötet doch das Aroma, den Geschmack!
Frank: Und diese Kühlfiltrierung – beeinflusst die den Geschmack?
Alfred: Tja, die einen Experten sagen ja, da werden auch Geschmacksmoleküle und Aromen rausgefiltert. Andere Experten sagen, nicht der Geschmack wird beeinträchtigt, sondern nur die Wahrnehmung. Diese Experten behaupten: wer Trübung sieht, meint auch Trübung zu schmecken.
Willi: Whisky ist ein Naturprodukt, das lässt man doch am besten unverändert!
Rudolf: Ja genau. Ich will den Whisky so schmecken wie er aus dem Fass kommt. Und die Färbung darf auch variieren, je nach Alter und Fasstyp.
Frank: Apropos Farbe: es gibt doch einige, die ihren Whisky färben, oder?
Alfred: Ja, die wollen eine immer gleiche Farbgebung, deshalb geben sehr viele Distillerien Zuckerkulör als Farbstoff zu.
Rudolf: Mensch, darauf habe ich noch nie geachtet. Steht das auch auf dem Etikett?
Willi: Ja klar, da wird dann auf die Verwendung von Farbstoff hingewiesen.
Rudolf: Für den wahren Genießer des schottischen Whiskies gilt: Die Farbe kommt vom Fass, nicht vom Farbstoff!
Frank: Das meine ich auch. Die Reifung im Fass, die Lage des Warehouses, Alter und Auswahl der Fässer – das zusammen macht den guten Whisky aus. Ich will den nicht von Kühlfiltern und Zucker übertüncht wissen.
Willi: Ja, achten wir künftig halt besser auf die Angaben auf dem Etikett.
Rudolf: … und trinken am besten Single Malts mit mindestens 46 % Alkohol, natural colour und non chillfiltered.
Alfred: Richtig, aber leider arbeiten aber viele bekannte und auch von mir sehr geschätzte Distillerien mit Farbstoff: Aberlour, Glenfiddich, Glenmorangie, Dalmore, uam.
Willi: Au Mann, jetzt brauchen wir dringend einen guten Whisky – natürlich „non chill-filtered“ und „without colouring“ versteht sich.
Frank: Genau. Was kannst du uns da anbieten?
Alfred: Da nehmen wir doch mal einen Kilchoman, eine noch junge Distillery, erst 2005 auf Islay gegründet. Diese Abfüllung hier ist in einem quarter cask gereift, abgefüllt ohne Zuckerkulör und ohne Kühlfiltrierung, das hat er mit 56,9 % Alkohol auch nicht nötig.
Rudolf: Seht doch nur: welche herrliche Farbe, welche Aromenvielfalt – unverfälscht! Nase und Zunge sagen: so muss der Whisky sein. Also: trinken wir auf die „natural whiskies“!
Willi, Alfred, Frank: Na denn: Slainte mhath!