Ein Single Malt Scotch Whisky mit 50 % oder mehr ist ein Genuss. Ein solcher Whisky ist komplex, intensiv und hat einen langen Abgang. Soll man ihn pur genießen oder mit einer Pipette Wasser zugeben?
Beim letzten Tasting in meiner Bar haben wir u.a. einen 16-jährigen Strathisla mit 55,3 % und einen Longmorn, 13 Jahre, mit 61,6 % verkostet. Und da trat wieder die Frage auf: verträgt der Whisky ein paar Tropfen Wasser? Gewinnt er vielleicht sogar, weil man die Aromen besser wahrnimmt, wenn die Schärfe des Alkohols reduziert ist? Meine Gäste meinten: Ja, wenn nur wenige Tropfen hinzugefügt werden, kann der Whisky gewinnen.
Aber: „wenige Tropfen“ – wieviele sind das? Und: um wieviel wird denn der Alkoholgehalt reduziert, wenn man Wasser hinzufügt?
An diesem Abend haben wir diskutiert, pipettiert, verkostet, über den Alkoholgehalt gestritten. Letztendlich habe ich zugesagt, das mal in Ruhe zu rechnen. Dann lässt sich künftig auf gesicherter Grundlage mit konkreten Werten besser diskutieren.
Nun, wenn ich einen dram mit 20 ml und bekanntem Alkoholgehalt habe, und ich eine bestimmte Menge Wasser zugebe, kann ich den neuen Alkoholgehalt berechnen. Ich habe das mal exemplarisch für einige Fälle getan. Das Ergebnis:
Ausgangs-Prozent | Zugabe 0,5 ml Wasser | Zugabe 1 ml Wasser | Zugabe 1,5 ml Wasser |
50 % | 48,8 % | 47,6 % | 46,5 % |
55 % | 53,7 % | 52,4 % | 51,2 % |
60 % | 58,5 % | 57,1 % | 55,8 % |
Die Wassermenge lässt sich mit gängigen Pipetten gut dosieren, die haben nämlich fast immer eine Skala von 0,5 ml bis 3 ml. Als Faustformel habe ich nach eigener Beobachtung festgestellt: 4 – 5 Tropfen Wasser entsprechen etwa 0,5 ml aus der Pipette.
Bereits die Zugabe von 0,5 ml Wasser reduziert die Alkoholkonzentration um mehr als 1 Prozentpunkt, bei 1,5 ml Wasser sind es bereits rd. 3,5 Prozentpunkte – schon zuviel? Probiert es selbst aus!
Diese Tabelle erleichtert hoffentlich in Zukunft die Diskussion um den Grad der Verdünnung und man kann sich besser darauf konzentrieren, bei welcher Alkoholkonzentration der Whisky noch ein guter, ein ‚starker‘ Whisky ist. Einem Whisky ein paar Tropfen Wasser zuzugeben ist ja immer die schmale Gratwanderung zwischen „dilute a whisky to taste – or dilute a whisky to waste“.
Zukünftig werde ich jedenfalls bei allen Tastings diese Tabelle bereithalten, das macht bewusst, was man mit ein paar Tropfen aus der Pipette bewirkt.
Na denn: Slainte Mhath!