Vom 26. April bis 6. Mai 2017 war ich wieder mit drei Freunden auf Schottland-Tour. Diese Trips machen wir seit 2010 jährlich, um Distillerien in verschiedenen Regionen Schottlands zu besichtigen. Dieses Mal war die wunderbare Insel Islay unser Hauptziel.
Wie immer sind wir mit dem eigenen Auto und der Autofähre von Amsterdam nach Newcastle mit einer Übernachtung an Bord angereist. Diese Art der Anreise ist entspannend und verkürzt die reinen Fahrtstrecken erheblich. Außerdem kann man in dem Shop auf der Fähre von günstigen Angeboten an Whiskies profitieren, den sog. travel retails, die in 1 l-Abfüllungen zu günstigen Preisen angeboten werden.
Unser erstes Ziel war die Insel Arran, die wir mit der Fähre von Ardrossan nach Brodick erreichten. Dort haben wir in dem sehr empfehlenswerten Auchrannie Resort übernachtet – eine gepflegte, großzügige Hotelanlage in landschaftlich schöner Umgebung mit guter, schottischer Küche. Allein die Vegetation ist beeindruckend, da das vom Golfstrom verwöhnte Klima eher in Südeuropa erwartete Palmen, Stauden und Pflanzen hervorbringt.
Für die Arran-Distillerie hatten wir leider nur Zeit für einen Kurzbesuch. Denn am nächsten Morgen fuhren wir mit der Fähre nach Claonaig auf die Halbinsel Kintyre und dort mit dem Auto nach Campbeltown. In der Glen Scotia Distillery hatten wir vorab bereits eine „Distillery Tour & Tasting“ gebucht. Das Tasting fand im warehouse statt, und das bedeutet, es gibt Whisky straight from the cask – ein wunderbares Erlebnis.
Am nächsten Tag haben wir Springbank besichtigt. Jim, unser sehr engagierter Senior-Tour-Guide, erläuterte den Produktions-Prozess, der vollständig einschl. dem Mälzen (malting) der Gerste in der Distillerie erfolgt, und führte uns zu den einzelnen Stationen: Malting floor, Mill, mash tun, wash back, still room, spirit safe. Diesem Tour-Guide merkt man an: er lebt für den Whisky und seine Herstellung und er weiß seinen Enthusiasmus auf die Besucher zu übertragen. Und die werden ja auch von dem Produkt wahrhaftig nicht enttäuscht.
Von Campeltown ging es weiter – wieder mit einer Fähre – nach Port Askaig auf Islay. Von Port Askaig fuhren wir in das Städtchen Bowmore, wo wir ein cottage gebucht hatten. Abends haben wir dort im Kaminzimmer am flackernden Feuer mit einem Glas Whisky in der Hand den Blick auf Loch Indaal genossen – es gibt wahrlich nicht viel, was schöner ist. Ja: Whisky ist das Wasser des Lebens.
Am nächsten Tag, also dem vierten Tag in Schottland, starteten wir unsere Entdeckungstour zu den 8 Distillerien auf Islay, davon 5 mit Führungen und Tastings. Unbedingt zu empfehlen ist, Distillery-Tours vorzubuchen, sonst gerät der Besuch zum Glücksspiel. Die Nachfrage ist groß, die Kapazitäten in den Besucherzentrum, an Tour-Guides und Tastingrooms dagegen begrenzt. Wir hatten uns entschieden, Ardbeg, Lagavulin und Caol Ila nur zu besuchen und dort in den Shops nach evtl. besonderen Abfüllungen zu schauen. Aber in den anderen fünf Distillerien hatten wir jeweils eine Tour vorgebucht.
Wir starteten am Sonntag, den 30. April, mit dem diesjährigen Höhepunkt: der „Water to Whisky-Tour“ bei Laphroaig. Nicht ganz billig, aber allemal empfehlenswert. Diese Tour startet in der Distillerie mittags um 12 Uhr.
Auch hier wird natürlich der gesamte Produktionsprozess mit allen Stationen erläutert. Laphroaig gestaltet alle Produktionsschritte selbst, wenn auch nur rd. 20 % der Gerste selbst gemälzt wird. Aber dadurch erhalten die Besucher einen Einblick in alle Produktionsschritte und sehen auch den malting floor, auf dem die gewässerte Gerste rd. 6 Tage zu Trocknen ausliegt. Und man kann in den Ofen schauen, in dem Torf als Heizmaterial verwendet wird, das dem Laphroaig-Whisky dieses unverwechselbare Aroma verleiht. Bemerkenswert auch: alle Fässer werden nur einmal zur Reifung von Whisky genutzt, es gibt keine Wiederbefüllungen, also auch keine Whiskies aus refill bourbon casks.
Dann folgte der zweite, der spannende Hauptteil dieser „Water to Whisky Tour“: wir wurden zu dem Fluss, na ja: zu dem Bach, gefahren, der Laphroaig das benötigte Wasser zuführt. An einem Tisch in Ufernähe, umgeben von schottischer Hügellandschaft, wurde dann ein schottisches Menu eingenommen, das in äußert praktischen Camping Boxen mitgebracht wurde. Es enthielt homemade soup, Haggis, smoked beef and smoked salmon, cheese & outdakes und einen zauberhaften fruit cake: Genuss pur! Und natürlich hatte unser Tour Guide in seinem Rucksack edle drums aus der heimische Distillerie. Anlass genug zu viel Fachsimpelei, natürlich über Whisky (während der Prohibition in Amerika durfte Laphroaig tatsächlich Whisky aufgrund seines medizinischen Charakters in die USA exportieren), aber auch über die schottische Küche: vergesst alle Vorurteile: allein die hier gebotene Auswahl repräsentiert Vielfalt und Genuss schottischer Gerichte.
So gestärkt wanderten wir dann weiter zu dem Torfabbaugebiet. Dort durften wir die speziellen Torfspaten, die länger und schmaler als die uns bekannten Spaten sind, in die Hand nehmen und Torf stechen. Das erfordert schon etwas Kraft und Geschick – und verdient selbstverständlich eine Belohnung mit dem nächsten drum.
Danach ging es zurück zur Distillerie, denn dort wartet ja noch der krönende Abschluss dieser Tour, die den Besuchern den gesamten Weg vom Fluss und vom Torf über malting, mashing und distilling bis hin zum warehouse zeigt. Und diesen Abschluss bildete ein Tasting im Warehouse mit 3 Whiskies straight form the cask. Dieses tasting von Whiskies, die unverdünnt direkt aus dem Fass ins Glas gefüllt werden, war einfach ein Hochgenuss. Danach stimmten wir dem Geschmacksvergleich zu: „like Angels fresh from a bonfire dancing on your tongue“! Na denn: Slainte Mhath!
(Teil 2 des Reiseberichts folgt)
Wahnsinn, Alfred! Du könntest glatt eine zweite Karriere als Reiseveranstalter starten; Eure Whisky-Touren wären bestimmt rasch ausgebucht 🙂